aufgezeichnet von Ulrich Enzensberger, Wagenbach, Berlin (Ausgabe von 2012)
Otto Rosenberg wurde am 28. April 1927 in Ostpreußen geboren. Seine Eltern waren Sinti und lebten in Gemeinschaft mit anderen Sintifamilien in Wohnwagen. Sie waren keine „fahrenden Sinti “, sondern lebten auf Plätzen innerhalb Berlins.
Rosenberg erzählt von seiner Kindheit, seinem zunächst möglichen Schulbesuch bis zur Umsiedlung in das „Zigeunerlager“ Berlin Marzahn nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Hier fingen die ersten Schikanen der Polizei und der SS an: Verhaftungen, Gefängnisaufenthalte und Anwendung von Gewalt.
Schließlich werden die Roma und Sinti nach Auschwitz, Buchenwald und Bergen-Belsen deportiert. Rosenberg berichtet sehr nüchtern über die Zeit im KZ, wo er zunächst auch noch Verwandte wieder trifft . Er berichtet auch von den rassenhygienischen Untersuchungen durch Ärzte, die in vielen unwürdigen Experimenten, herausfinden wollten, wie man die „Zigeuner“ bestimmen konnte. Gerade die medizinischen Versuche haben bei vielen Sinti und Roma Traumata hinterlassen.
Rosenberg ist einer der wenigen Überlebenden des KZs. Seine Tochter beschreibt in ihrem Nachwort
den Verlust der Familie sehr ergreifend:
„Es ist Nacht, ich werde wach und höre meinen Vater laut weinen und nach seiner Mutter … rufen. …
Er fragt, Warum mußten sie sterben.
Warum mußte ich als Einziger überleben?“
Schuldgefühle wegen des Überlebens?
Dennoch fängt er wieder an zu leben, gründet eine Familie, hat sieben Kinder. Aber er wird seine
Erfahrungen nie vergessen, wenn er auch erst spät bereit ist, darüber zu reden. Er engagiert sich für die Anerkennung der Sinti und Roma, gründet mit anderen den Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg und war lange Vorstandsmitglied im Zentralrat der Sinti und Roma.
Sein Engagement ist beachtenswert. Ulrich Enzensberger hat seine Geschichte behutsam aufgezeichnet, besonders wertvoll sind für das Verständnis der historischen Zusammenhänge auch seine Anmerkungen.
Das Buch ist mit Familienfotos der Rosenbergs bebildert. Wer die heutige Situation der Sinti und Roma und ihre weiterhin vorhandene Diskriminierung verstehen will, kann dies an Hand dieser Biografie erreichen. Insofern ist dieses Buch ein Dokument, das Verständnis erzeugen kann.
Angela Paul-Kohlhoff